Was macht Alexa mit Kindern?

10.7.2019, 08:00 Uhr
Was macht Alexa mit Kindern?

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Gefragt hat sich das auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags. Der fraktionslose Bundestagsabgeordnete Uwe Kamann wollte wissen, ob es zulässig sei, dass Amazon die Spracheingaben der "Alexa"-Nutzer auswertet.

Die Antwort der Rechtsexperten im Bundestag fällt zwiespältig aus. Zum einen bescheinigte der Wissenschaftliche Dienst dem US-Konzern, sich an zentrale Bestimmungen der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) zu halten. Das betrifft die Frage, ob Amazon die Anwender ausreichend über die Datenverarbeitung informiert und nach ihrer Einwilligung fragt.

In einem anderen Bereich sehen die Experten aber Probleme. Die Risiken betreffen nach Einschätzung der Wissenschaftler vor allem Minderjährige und unbeteiligte Gäste, die ein mit "Alexa" bestücktes Haus besuchen. Konkret geht es darum, dass Kinder persönliche Informationen preisgeben oder mit ihrer Stimme Inhalte abrufen könnten, die für Minderjährige nicht geeignet sind. Außerdem stellt sich die Frage, was mit Besuchern ist, die nicht wissen, dass die Software gerade aufzeichnet.

Mit Blick auf die USA sei außerdem unklar, "zu welchen weiteren Zwecken Amazon seine Daten zukünftig nutzen könnte", heißt es in dem Gutachten. Auch ein Datendiebstahl aus der Amazon Cloud könne nicht ausgeschlossen werden. Aufgrund der Masse der dort gespeicherten Informationen "könnte dies die Nutzer von "Alexa" besonders sensibel treffen".

Innenministerium blockt ab

Das Bundesinnenministerium unter Leitung von Horst Seehofer (CSU) fühlt sich in der Sache allerdings nicht zuständig. Ein Sprecher erklärte auf Anfrage: "Die Nutzung der Sprachassistenten betrifft Datenverarbeitungen durch nichtöffentliche Stellen." Für diese lasse die Datenschutz-Grundverordnung der EU den nationalen Gesetzgebern so gut wie keinen Regelungsspielraum.

"Wir müssen darauf dringen, dass die Einwilligungserklärung für den Nutzer auf die Gefahren und Möglichkeiten hinweist, die mit der Übertragung und Nutzung der Daten sowie der Daten von Dritten, die sich zufällig im Raum befinden, hinweist", fordert hingegen der Bundestagsabgeordnete Kamann, der das Gutachten angefordert hatte. Dies müsse detailliert erfolgen, "und nicht, indem man nur einmal ein Häkchen für alles setzt".

Kamann hatte gezielt nach "Alexa" gefragt. Er betont jedoch: "Bei allen sprachbasierten Aufzeichnungssystemen gibt es diesen kritischen Punkt." Auch "Siri" von Apple, der "Google Assistant" und "Cortana" von Microsoft können Fragen beantworten, bestimmte Musik abspielen und andere Aufgaben erledigen. Laut einer aktuellen Studie werden die Sprachassistenten besonders häufig in Familien genutzt.

Für Schlagzeilen sorgte im Mai 2018 eine Panne, bei der "Alexa" – ausgelöst durch eine Serie von Hörfehlern – die Unterhaltung eines Paares in den USA aufgenommen und versehentlich an Dritte verschickt hatte.

In die Kritik geriet Amazon auch im vergangenen Dezember, als Sprachaufzeichnungen in die Hände eines Unbefugten gelangten. Dieser Vorfall löste bei der Stiftung Datenschutz harsche Kritik aus: "Wir wollen nicht technikfeindlich wirken, doch wir sagen ganz entschieden: Wer – anscheinend nicht ausgereifte – Systeme wie 'Alexa' & Co. in sein engstes Lebensumfeld lässt, der gefährdet seine Privatsphäre."

Auf Misstrauen stößt bei den Datenschützern auch, dass Amazon den Nutzern von "Alexa" neuerdings mit dem Befehl "Alexa, lerne meine Stimme" die Möglichkeit bietet, ein persönliches Stimmprofil einzurichten. "Gerade die Möglichkeit der Stimmerkennung wird den Datenschutz vor zusätzliche Herausforderungen stellen", schreiben die Experten des Wissenschaftlichen Dienstes. Amazon kann diese Skepsis nach eigenen Angaben nicht nachvollziehen

Die Grünen-Abgeordnete Renate Künast forderte die Bundesregierung dagegen auf, "den Verbraucherschutz und insbesondere den Schutz von Kindern im digitalisierten Alltag endlich ernst zu nehmen".

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